Das Interview mit Andrea Schwieger Hiepko vom Verein ICJA Freiwilligenaustausch weltweit
Bitte stellen Sie Ihren Verein ICJA Freiwilligenaustausch weltweit kurz vor. Wie bringen Sie sich persönlich in den Verein mit ein?
ICJA Freiwilligenaustausch weltweit wurde 1949 als ein Jugendaustauschprogramm zwischen den USA und Deutschland gegründet. Das ursprüngliche Ziel war, zur Völkerverständigung beizutragen. Durch die Aufnahme von weiteren Partnerländern, vor allem auch des Globalen Südens, wurden entwicklungspolitische Inhalte immer wichtiger. Miteinander leben, voneinander lernen, gemeinsam engagieren, um ein friedliches Zusammenleben über alle Unterschiede hinweg zu erlernen, so könnte man die Erfahrung beschreiben, die der ICJA mit seinen Programmen ermöglichen will.
Ein Freiwilligendienst von 1 Jahr oder 6 Monaten, ein Workcamp von 2-3 Wochen oder auch eine andere Bildungsveranstaltung des ICJA versuchen das zu erreichen. Dabei arbeitet ein Großteil der ehemaligen Teilnehmer*innen im Anschluss ehrenamtlich mit. Sie werden von Geschäftsstellen in Berlin und Frankfurt dabei unterstützt.
Wie unterscheidet sich Ihr Verein von anderen Vereinen, die freiwillige Dienste anbieten?
Wir bringen Menschen zusammen und ermöglichen einen Austausch, der ein Leben lang prägt. Der Begriff Austausch im Namen sagt es schon. Der Verein sendet nicht nur Freiwillige aus Deutschland in über 40 Länder der Welt, sondern nimmt auch Freiwillige aus diesen Ländern in gemeinnützigen Einsatzstellen in Deutschland auf. Parallel dazu engagieren sich mit dem ICJA Menschen mit Fluchthintergrund als Freiwillige in Deutschland. Wer zunächst in die Arbeit in einer internationalen Gruppe reinschnuppern will, kann dies in unseren Workcamps oder unseren Jugendbegegnungen tun. Über 2-3 Wochen arbeitet man gemeinsam an einem Projekt und lernt viele Menschen aus anderen Regionen der Welt kennen. Der ICJA hat nicht nur mehr als 70 Jahre Erfahrung, sondern wurde auch mehrfach für seine gute und transparente Arbeitsweise ausgezeichnet.
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Auf was muss man achten, wenn man neue Projekte aufnehmen möchte? Auf welche Kriterien achten Sie hier?
Unsere Partnerorganisationen vor Ort wählen die Projekte aus, in die unsere Freiwilligen entsendet werden. Mit diesem Netzwerk arbeiten wir seit vielen Jahren zusammen. Es ist uns dabei wichtig, dass sie selbständig arbeiten. Wir wollen keine Zweigstelle im Ausland haben, sondern arbeiten mit den dortigen Menschen und Strukturen gleichberechtigt zusammen. Die Projekte sind also von Land zu Land unterschiedlich. Sie hängen von den jeweiligen Bedürfnissen ab.
In Ländern Lateinamerikas beispielsweise gibt es viele Projekte zur Betreuung von Kindern auf der Straße. Wir können jedoch Akzente setzen. Auf unsere Anfrage im letzten Jahr nach mehr Klimaprojekten zum Beispiel haben einige Partner sofort reagiert. Neue Projekte werden natürlich geprüft und dürfen vor allem nicht kommerziell orientiert sein. Die Fördermittelgeber prüfen ihrerseits und schalten oft die Deutsche Botschaft vor Ort ein.
Und wie sieht es hier bei den Bewerbern aus – welche Qualifikationen sollten diese mitbringen bzw. welches Bewerberprofil besitzen?
Gute Noten in der Schule oder der Ausbildung oder im Studium sind für unseren Freiwilligendienst nicht von Bedeutung. Man sollte vielmehr lernbereit, offen und teamfähig sein, dich für andere Kulturen und Lebensrealitäten interessieren und bereit sein, für 6-12 Monate engagiert und tatkräftig in einem Projekt mitzuarbeiten. Für die einzelnen Programme gibt es unterschiedliche Altersbestimmungen, die du auf unserer Homepage nachlesen kannst. In der Regel solltest du jedoch nicht jünger als 18 Jahre sein. Für eine Förderung des Freiwilligendienstes gibt es unterschiedliche Altersbegrenzungen von 26 bis 28 Jahren. Du hast die deutsche Staatsbürgerschaft oder ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht, einen Haupt-/Realschulabschluss mit abgeschlossener Berufsausbildung oder vergleichbaren Erfahrungen bzw. Fachhochschulreife oder Abitur. Das reicht. Dann kannst du dich bei uns bewerben. Wir bemühen uns sensibel gegenüber allen Formen der Diskriminierung zu sein und heißen gerade auch von Diskriminierung betroffene Menschen in unseren Freiwilligendiensten willkommen.
Wie finanzieren Sie sich und müssen die Freiwilligen bei Ihnen eine Gebühr zahlen, um an den Projekten teilzunehmen?
Der ICJA Freiwilligenaustausch weltweit e.V. ist kein Unternehmen, sondern ein als gemeinnützig anerkannter Verein. Deshalb darf er keinerlei Gewinn erwirtschaften: Alle Einnahmen und Zuschüsse werden für die Aufrechterhaltung des Freiwilligenaustauschs verwendet. Daher gibt es keine Gebühr im eigentlichen Sinn. Die meisten Programme des ICJA Freiwilligenaustausch weltweit werden anteilig staatlich gefördert. Die Höhe der Förderungen ist je nach Programm unterschiedlich. Die Förderungen reichen nicht ganz zur Kostendeckung aus und müssen durch andere Quellen wie Förderkreise, Spenden und Eigenleistungen ergänzt werden. Uns ist wichtig, dass alle, die diese Erfahrung machen möchten, die Möglichkeit dazu haben. Daher bieten wir Unterstützung bei der Suche des richtigen Freiwilligendienst für jede*n einzelne*n.
Auf welche Schwierigkeiten sind Sie bereits getroffen und wie haben Sie diese lösen können? Gab es bereits ein Projekt, das aufgrund von Problemen vorzeitig beendet werden musste.
In 70 Jahren Praxis gibt es natürlich viele Herausforderungen, die der Verein in Zusammenarbeit mit seinem Partner-Netzwerk ICYE bewältigt hat und im Alltag stetig in Angriff nimmt. Unterschiedliche Sprachen, Lebensbedingungen, Arbeitskulturen aber vor allem auch der Unterschied in den Ressourcen und Möglichkeiten von Ländern des Nordens und des Globalen Südens führen zu Ungleichheiten, die den gleichberechtigten Austausch erschweren. Mit den Einsatzstellen aller Austauschländer und den Einsatzstellen bei uns in Deutschland, stehen wir kontinuierlich in Kontakt, sodass auftretende Probleme sofort erkannt und gelöst werden können. Der Verein selbst führt ein internes Qualitätsmanagement mit regelmäßiger Evaluierung aller wichtigen Bereiche durch und ist extern zertifiziert. Natürlich haben manche Teilnehmende anfangs Schwierigkeiten sich an eine neue Situation anzupassen oder haben sich unter Freiwilligendienst etwas Anderes vorgestellt. Meist ist es jedoch eine Frage der Zeit, bis man sich eingewöhnt und seine Aufgaben als Freiwillige*r gefunden hat. Am Ende des Jahres hören wir jedoch immer: „Das Jahr ging so schnell vorbei.“ oder „Ich werde die Menschen und die Umgebung sehr vermissen.“
Welches Ziel verfolgen Sie mit Ihren Projekten?
Das Ziel des ICJA ist es, durch internationale Begegnungen und interkulturelle Bildung praktische Friedensarbeit und gesellschaftspolitisches Engagement zu fördern. Freiwilligendienste hören für uns nicht mit der Rückkehr auf. Durch vielfältige Möglichkeiten des Engagements und Bildungsangebote fördern wir die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung. Die Schwerpunkte der Bildungsangebote liegen auf Friedens- und Antidiskriminierungsarbeit und Nachhaltigkeit. Der ICJA Freiwilligenaustausch weltweit hat sich in seinem 70-ten Jubiläumsjahr zum Ziel gesetzt, weiterhin auf die gesellschaftlichen Veränderungen zu reagieren und sich den neuen Herausforderungen der globalisierten Welt zu stellen. In diesem Zusammenhang wird unsere Arbeit immer wichtig sein. Denn es wird immer deutlicher, dass die Herausforderungen denen wir gegenüberstehen nur von Menschen bewältigt werden können, die in der Lage sind, über alle Grenzen hinweg eine Welt in Frieden und Gerechtigkeit aufbauen zu wollen. Dass dies möglich gemacht wird, darin sehen wir unseren Auftrag.
Herzlichen Dank, Andrea Schwieger Hiepko. Wir von ExpertenTesten wünschen Ihnen und dem ICJA Freiwilligenaustausch weltweit e.V. weiterhin viel Erfolg!
Über die Redakteurin
Laura Hoffmann
Laura Hoffmann arbeitet als freie Redakteurin seit 2016 für expertentesten.de. Ihr Kernbereich liegt dabei in der Recherche spannender Interviewpartner aus den Ressorts Kultur, Sport und Wirtschaft.