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Verein für jüdische Geschichte Gailingen e.V. – Jüdisches Museum in Gailingen

Das Interview mit Joachim Klose vom Verein für jüdische Geschichte Gailingen

Bitte stellen Sie sich und Ihren Verein für jüdische Geschichte Gailingen vor

Mein Name ist Joachim Klose. Ich kümmere mich ehrenamtlich um das Jüdische Museum Gailingen. Der Verein wurde 1997 zunächst als Förderverein Bürgerhaus gegründet, um das ehemalige jüdische Schul- und Gemeindehaus, das heutige Bürgerhaus, gemäß seiner historischen Bedeutung für kulturelle Veranstaltungen, Vorträge und Ausstellungen zu nutzen. Es sollte eine Dokumentationsstelle zur Geschichte, Genealogie und Kultur der Juden in der Region aufgebaut und ein Museum entsprechend eingerichtet werden.

Der Verein wurde 1997 durch die Initiative von Bürgern gegründet. Wieso kam es zur Gründung des Museums? Was ist das Ziel des Museums?

Gailingen hat eine 300-jährige Jüdische Geschichte, die kurz nach dem Ende des 30-jährigen Krieges in den 1650er Jahren begann und am 22. Oktober 1940 mit der Deportation von mehr als 200 Juden in das Lager Gurs im damals nicht besetzten Frankreich endete. Für die meisten bedeutete das die Ermordung und Vernichtung. An dieser Geschichte kann man nicht einfach vorbeigehen. Man muss sich mit ihr in jeder Hinsicht auseinandersetzen.

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Für Sie spielt die Arbeit mit Schülern und Jugendlichen eine wichtige Rolle. Was bieten Sie dafür an? Was ist Ihnen besonders wichtig bei der Arbeit mit Jugendlichen?

Schüler_innen, aber auch andere Besucher_innen werden in unserem Museum über die historischen Abläufe von der Ansiedlung von Juden im 17. Jahrhundert über die bürgerliche Gleichstellung in 1862 bis zu ihrer Vernichtung durch das nationalsozialistische Terrorregime informiert. Man kann sich aber auch nur auf die religiösen Aspekte, ihre Sitten und Gebräuche konzentrieren. Wir haben eine Thorarolle und andere Kultgegenstände und die Einrichtung eines Betsaals. Außerdem gibt es am Ort noch einen Jüdischen Friedhof, den wir ebenfalls miteinbeziehen können. Wir bieten Führungen durch das Jüdische Museum, durch das Jüdische Gailingen und den Jüdischen Friedhof an.

Wir wollen jüdische Geschichte und Kultur vermitteln und bei Jugendlichen demokratisches Verständnis, Toleranz und gesellschaftliche Verantwortung wecken.

Welche Probleme sehen Sie derzeit bei Staat und Gesellschaft in Bezug auf Antisemitismus gegenüber Juden? Wie kann Staat und Gesellschaft hier noch besser reagieren?

Angesichts der Tatsache, dass sich in 2020 die Befreiung von Auschwitz und das Ende des Zweiten Weltkriegs zum 75sten Mal und die Deportation der badischen und saarpfälzischen Juden nach Gurs zum 80sten Mal jähren, ist der immer stärker aufkeimende Antisemitismus natürlich eine äußerst dramatische Entwicklung. Ich muss aber sagen, dass mir der Antiislamismus und der Anti-Christianismus genauso zuwider sind. Es fehlt sehr vielen Menschen einfach der Respekt vor dem Anderen und es fehlt die Bereitschaft, sich mit etwas anderem auseinander zu setzen. Das ist vor allem ein schulisches Problem. Das Thema „Juden“ wird auf die Shoa reduziert. Wer lernt schon etwas über die kulturellen und wissenschaftlichen Beiträge der Juden? Wenn ich gelegentlich von Besuchern antisemitische Bemerkungen höre, frage ich in der Regel, ob der- oder diejenige Juden kennen. Die Antwort ist meistens: Nein!

Sie besitzen eine Datenbank mit über 50.000 Datensätzen über jüdische Menschen. Wie haben Sie es geschafft diese Daten zu sammeln und zu archivieren?

Ich beantworte die Frage etwas anders, als Sie es vielleicht erwarten. Vor dem Jüdischen Neujahrsfest (Rosch ha-Schana) soll ein Jude gemäß dem Talmud auf drei Dinge achten, um nicht der Sünde zu verfallen. Er soll fest im Sinn halten, woher er kommt, wohin er geht und vor wem er einst Rechenschaft geben muss. Wo kann ein Jude mehr über sich und seine Wurzeln erfahren, als auf dem Friedhof, wo seine Väter und Mütter und weitere Generationen ruhen. Aus dieser Tradition heraus forschen Juden sehr gerne über ihre Vorfahren und wir erhalten jährlich zig Anfragen von Nachkommen zu ihren Vorfahren.

Da hat es sich angeboten, diese Daten einmal zu mit einen Family-Tree-Maker-Programm zu archivieren. Die entsprechenden Standesbücher – sofern erhalten – konnte man anfangs in den Staatsarchiven einsehen. Heute sind sie in der Regel digitalisiert, so dass man am Bildschirm arbeiten kann. Das war eine Wochenend-Arbeit von 6, 7 Jahren. Und die Datei erweitert sich jährlich.

Welche Erfolge haben Sie mit Ihrem Verein für jüdische Geschichte erzielt?

Der wohl wichtigste Erfolg ist, dass unser Museum zu einem Treffpunkt von Nachkommen Gailinger Juden aus aller Welt geworden ist. Dass es aber auch von der örtlichen Bevölkerung und darüber hinaus angenommen und als Museum mit überregionaler Bedeutung anerkannt wird. In 2018 hat unser Museum den von der Staatlichen Toto-Lotto GmbH Baden-Württemberg und dem Museumsverband Baden-Württemberg ausgelobten eXtra Preis im Rahmen eines landesweiten Wettbewerbs um den LOTTO-Museumspreis erhalten. Mit diesem Preis wird das Engagement kleiner Museen belohnt, die in ausgewählten Bereichen außergewöhnliche Leistungen erbringen.

Herzlichen Dank, Joachim Klose. Wir von ExpertenTesten wünschen Ihnen und dem Verein für jüdische Geschichte Gailingen weiterhin viel Erfolg.

Über die Redakteurin

Laura Hoffmann

Laura Hoffmann arbeitet als freie Redakteurin seit 2016 für expertentesten.de. Ihr Kernbereich liegt dabei in der Recherche spannender Interviewpartner aus den Ressorts Kultur, Sport und Wirtschaft.

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