Das Interview mit Hanni Schaeffer von der Naturkost Kiebitz e.V.
Stellen Sie sich und Ihren Verein Naturkost Kiebitz e.V. in wenigen Sätzen einmal vor. Wie bringen Sie sich aktiv in den Verein ein und wie kamen Sie zu dem Verein?
Mein Name ist Hanni Schaeffer, ich bin seit 31 Jahren 1. Vorsitzende des Vereins. Der Kiebitz e.V. wurde 1988 mit dem Ziel gegründet, die Bevölkerung über gesunde Ernährung und Gesund-leben aus ganzheitlicher Sicht zu informieren und die Möglichkeit zu bieten, gesunde Lebensmittel einzukaufen. Deshalb gab es von Anfang an einen Bioladen für unsere Mitglieder mit einer kleinen Öko-Bibliothek .
Ein weiteres wichtiges Ziel ist der Umwelt- und Klimaschutz. Für uns gehört vor allem die Förderung der ökologischen Landwirtschaft dazu, aber auch der schonende Umgang mit Ressourcen. Deshalb führen wir Waren-, Kleider- und Pflanzentauschtage durch und betreiben ein Repair-Café, das 1 Tag im Monat geöffnet ist. Außerdem veranstalten wir Vorträge, Filmabende und Kochkurse rund um Gesundheit und Naturschutz.
Wie viele aktive Mitglieder hat Ihr Verein und wie kann man bei Ihnen Mitglied werden?
440 Haushalte sind derzeit Mitglied im Verein. Wir bieten eine zweimonatige kostenlose Probemitgliedschaft an, um Verein und Bioladen kennenzulernen. Danach kostet eine feste Mitgliedschaft 11,50 € pro Haushalt. Bei Eintritt ist eine einmalige Einlage in Höhe von 40 € zu entrichten, die bei Vereinsaustritt unverzinst zurückerstattet wird. Aufgrund unserer Vereinsform können wir ein für Kleinstadtverhältnisse außergewöhnlich großes Sortiment an Bio-Produkten anbieten. Diese werden sehr knapp kalkuliert und liegen damit deutlich unter dem Preisniveau anderer Naturkostläden.
Das ehrenamtliche Engagement unserer Mitglieder macht es möglich, Veranstaltungen wie oben erwähnt durchzuführen. So sind z.B. bei einem Warentauschtag, der inzwischen von 700 bis 800 Personen besucht wird, über 40 Helfer im Einsatz.
Vergleichstests zum Thema:
Apfelteiler Test
Brotbackautomat Test
Salatschleuder Test
Kochtopf Test
Entsafter Test
Wie hat sich Ihr Verein seit der Gründung 1988 verändert? Welche Ereignisse haben Ihren Verein geprägt? Und wieso kam es zur Gründung des Vereins?
Der Verein wurde damals gegründet, weil sich der bestehende Bioladen finanziell nicht getragen hat. In den ersten Jahren war viel ehrenamtliches Arbeiten erforderlich, um den Laden zu halten – inzwischen können wir unsere Geschäftsführerin und ihre Mitarbeiterinnen angemessen entlohnen und auch die Erlöse der Tauschtage spenden.
Im Laufe der 30 Jahre stieg die Mitgliederzahl von 22 auf 440, damit verbunden auch der Umsatz im Laden und die Zahl der Mitarbeiterinnen. Auch im Vorstand wurden immer mehr Personen gebraucht, um die Veranstaltungen zu planen, Finanzen zu besprechen, Anschaffungen zu beschließen und vieles mehr. Heute wird der Verein von einem 10 köpfigen Vorstand geführt, hinzu kommen 6 verschiedene Arbeitsgruppen, z.B. die AG Homepage, die AG „Plastik – nein Danke“ oder die AG Öko-Bibliothek.
Ein wichtiges Ereignis in unserer Vereinsgeschichte war der Umzug 2006. Die Verkaufsfläche des Bioladens vergrößerte sich von 70 m² auf 130 m². Damit stiegen die Verkaufs- und Mitgliederzahlen deutlich.
Bedeutend waren in den vergangenen Jahren die großen Vortragsveranstaltungen, die wir ca. alle 5 Jahre durchführten. So waren beim letzten Vortrag zum Thema „Ernährung und Alzheimer“ über 600 Menschen in unserer Stadthalle.
Zunehmend organisieren wir Besichtigungen von ökologisch arbeitenden Betrieb in der Region, die auf große Resonanz stoßen.
Der Verein ist auch über seine Kinderkochkurse bekannt, die er seit 25 Jahren im Rahmen des Sommerspaß-Programmes der Stadt Haslach durchführt.
Erwähnen möchte ich noch, dass der Kiebitz e.V. zusammen mit dem BUND Umweltzentrum Offenburg vor 9 Jahren das „Aktionsbündnis gentechnikfreie Ortenau“ gegründet hat, das sich neben der Gentechnikfreiheit auch für den Erhalt der Saatgutvielfalt einsetzt. Dazu bietet das Bündnis seit 3 Jahren einen Pflanzentauschtag an, der viele Besucher anzieht.
Welche Pläne haben Sie für 2020? Und welche Veranstaltungen haben Sie mit Ihrem Verein geplant?
Unsere wiederkehrenden Veranstaltungen wie Waren-, Kleider- und Pflanzentauschtag, Repair-Café und die Kinderkochkurse werden wie immer stattfinden, ansonsten haben wir bereits eine Betriebsbesichtigung durchgeführt und zwei weitere sind in Planung.
Evtl. planen wir wieder einen Filmabend zusammen mit dem Haslacher Kino, falls ein Film herauskommt, der unseren Zielen entspricht. Das war z.B. bei „Power to change“ der Fall, den auch Schulklassen besuchten und vom Kiebitz gesponsert wurden.
Welche Art von Kunst findet man bei Ihnen? Gibt es auch Kunst, die Sie bei sich nicht ausstellen möchten (z.B. Kunst passt nicht zu dem was Sie sonst ausstellen, verbotene Kunst, etc.) ?
Wir haben keinen Platz für Bilderausstellungen oder ähnliches!
Auf welche Probleme und Herausforderungen treffen Sie während Ihrer Arbeit?
In meiner Funktion als Vereinsvorsitzende ist es vor allem die Mitarbeiterführung, die mich herausfordert: Vorstandssitzungen leiten, Konfliktgespräche führen, per e-mail und Whatsapp Informationen weiterzuleiten und vieles mehr. Es ist mir ein großes Anliegen, alle Vorstandsmitglieder mit ihren Stärken einzubinden und die anfallenden Arbeiten zu verteilen. Dadurch werde ich nicht nur entlastet, sondern meine „Mitstreiter“ fühlen sich noch mehr verbunden mit dem Verein, weil sie eine Funktion haben.
Eine weitere Herausforderung sind die finanziellen Themen: die Jahresbilanz analysieren und die richtigen Schlüsse ziehen, Gehälter erhöhen, größere Anschaffungen beschließen, usw. Als Laie fällt das mir und auch dem übrigen Vorstand nicht immer leicht und so holen wir uns öfters Rat bei unserer Buchhalterin oder unseren Kassenprüfern.
Erwähnen möchte ich noch, dass die öffentlichen Auftritte als Vereinsvorsitzende auch eine Herausforderung darstellen. Das Reden vor größeren Gruppen fällt mir nach so vielen Jahren zwar leichter wie früher, ist aber trotzdem noch belastend. Deshalb bereite ich mich immer schriftlich vor. Das hilft mir persönlich sehr, um mich sicher zu fühlen, auch wenn ich nicht alles ablese.
Welche Unterstützung erhalten Sie von Staat und Gesellschaft? Und welche Unterstützung erhoffen Sie sich noch von dort?
Zu Unterstützung von Staat und Gesellschaft fällt mir nichts ein. Unterstützung erhalten wir von Stadt und Kreis bei den 2x jährlich stattfindenden Warentauschtagen: Die Stadt Haslach stellt uns ihre Markthalle kostenlos zur Verfügung und auch die Abholung des übriggebliebenen Sperrmülls übernehmen Stadtangestellte. Das Abfallwirtschaftsamt vom Kreis bezahlt die Container für Papier und Restmüll.
Ansonsten bekommen wir als Verein die Räume für unsere Veranstaltungen immer zu ermäßigten Tarifen und auch sonst steht uns die Stadtverwaltung wohlwollend gegenüber.
Das Finanzamt hat unser besonderes Vereinskonzept mit ermäßigtem Steuersatz im Wirtschaftsbereich gebilligt – nur so konnten wir anfangs überleben.
Herzlichen Dank, Hanni Schaeffer. Wir von ExpertenTesten wünschen Ihnen und dem Verein Naturkost Kiebitz e.V. weiterhin viel Erfolg!
Über die Redakteurin
Laura Hoffmann
Laura Hoffmann arbeitet als freie Redakteurin seit 2016 für expertentesten.de. Ihr Kernbereich liegt dabei in der Recherche spannender Interviewpartner aus den Ressorts Kultur, Sport und Wirtschaft.