Das Interview mit Manfred Straßer von der Schützengesellschaft Ottersberg e.V.
Stellen Sie sich und die Schützengesellschaft Ottersberg e.V. in wenigen Sätzen einmal vor.
Der Schützenverein „Schützengesellschaft Ottersberg e.V.“ wurde im Jahre 1890 gegründet, ist Mitglied im Sportschützengau Ebersberg und im Bayerischen Sportschützenbund (BSSB). Der Schießbetrieb wird bei uns mit Luftdruck-Waffen (Gewehr und Pistole), gemäß der Sportordnung des Deutschen Schützenbundes (DSB) durchgeführt. Der Verein wurde 1995 um eine Böllerschützen-Abteilung erweitert.
Unser Verein befindet sich seit 1989 im eigenen Vereinsheim, in Ottersberg (Gemeinde Pliening), An der Leiten 44.
Bitte erzählen Sie unseren Lesern etwas zur Geschichte des Vereins. Ihr Verein hat vermutlich bereits schon vieles seit der Gründung 1890 erlebt.
In der Gründungszeit trafen sich die Männer gerne beim Wirt, wobei dort auch öfter Jäger einkehrten. Man mutmaßt, dass diese, bezogen auf ihre Treffsicherheit, gerne gehänselt wurden und so beschloss man, einen Zimmerstutzen zu kaufen und einen Schützenverein zu gründen.
Mehrere Niederschläge wie das Abbrennen der Schützenherberge im Jahr 1895 und der Beginn des 1. Weltkriegs forderten ihre Tribute vom Verein. So erlag zeitweilig das Vereinsleben. Nach Kriegsende vergingen einige Jahre wieder im ruhigen Schießbetrieb. In dieser Zeit sammelte man Silbermünzen um eine Schützenkette für die künftigen Schützenkönige anfertigen lassen zu können. Dies gelang dann im Jahr 1930.
Bereits 1939 brachte der 2. Weltkrieg den Schießbetrieb erneut für 5 Jahre zum Erliegen. Aufgrund der amerikanischen Besetzung wurden auch die Zimmerstutzen der Schützenvereine beschlagnahmt. Nach langen Jahren der Waffenlosigkeit wurden 1950 wieder harmlose Waffen in Form von Luftgewehren zugelassen. Diese wurden anfangs recht kritisch betrachtet, aber nach kurzer Erprobung entschied man sich im Jahr darauf mit diesen Waffen den Schießbetrieb wieder aufzunehmen. Erfreulicherweise hat auch die Schützenkette die Kriegsjahre unbeschadet überstanden und so konnte wieder der Schützenkönig ausgeschossen werden.
Nachdem jahrelang die finanzielle Not es nicht möglich machte, eine Vereinsfahneanfertigen zu lassen, fasste man 1954 erneut den Entschluss, dies in die Tat umzusetzen. Diesmal war es von Erfolg gekrönt und so konnte 1955 zum 65. Gründungstag auch die Fahnenweihe stattfinden. Für die Patenschaft hat sich der Schützenverein „Freischütz“ aus Walpertskirchen zur Verfügung gestellt.
1959 war ein besonderes Jahr für den Verein. Es gab erstmals eine Schützenkönigin. Die folgenden Jahre vergingen ohne besondere Vorkommnisse. Nachdem all die Jahre aus Raumgründen nur auf 7 Meter anstatt der erforderlichen 10 Meter geschossen werden konnte, gelang 1979 der Durchbruch. Im ehemaligen Pferdestall des Wirtsanwesens, in dem der Verein untergebracht war, wurden 5 neue Schießstände eingerichtet die im April 1980 eröffnet wurden. In dieses Jahr viel aber auch noch ein großes Fest in Ottersberg. Der Ort wurde 1.000 Jahre und der Schützenverein feierte gleichzeitig sein 90-jähriges Bestehen mit einem historischen Umzug.
Der Verein befand sich im Aufwind und verzeichnete schon bald 100 Mitglieder. Auch die Schießleistungen besserten sich und so wurden auf Wunsch elektrische Scheibenzüge beschafft, die durch freiwillige Spenden finanziert wurden. So kam es auch, dass sich der Verein 1983 zum ersten Mal mit einer Mannschaft bei den Rundenwettkämpfen beteiligte. Im Folgejahr waren es bereits 2 Mannschaften.
1984 machte es der Pächter dem Verein wieder schwer. Er wollte den nun schön ausgebauten Schießstand anders nutzen und so musste der Verein wieder in einen anderen Gebäudeteil ziehen. Vorteilhaft war dabei allerdings, dass dort nun 7 Stände möglich waren.
Im Jahr 1986 durfte dann unser Verein die Patenschaft für die Hubertus Schützen in Poing übernehmen.
Schon ein Jahr darauf hatte der Verein mit der nächsten Widrigkeit zu kämpfen. Der aktuelle Pächter gab den Wirtsbetrieb auf und es kam kein neuer Pächter nach. So mussten Hab und Gut gepackt werden und der Verein war heimatlos. So beschloss die Vorstandschaft ein eigenes Schützenheim zu bauen. Bis es jedoch soweit war, durften die Schützen beim Patenverein Poing als Gäste schießen.
Die Planungen für den Neubau wurden aufgenommen und ein Grundstück auch schnell gefunden. Zinslose Darlehen der Mitglieder und öffentliche Zuschüsse bildeten den finanziellen Grundstock.
1988 gab es wieder eine Sensation in der langen Vereinsgeschichte. Eine unserer Schützinnen wurde mit einem 8-Teiler Gauschützenkönigin.
Im Herbst 1988 starteten die Bauarbeiten für das neue Schützenheim mit vereinten Kräften der Mitglieder. Bereits am 23. September 1989 war es soweit und das neue Vereinsheim erstrahlte bei der Einweihung in voller Pracht.
Danach kehrte endlich Ruhe im Verein ein und das Vereinsleben nahm ohne größere Vorkommnisse viele Jahre seinen Lauf. 2015entwickelte sich eine extrem erfolgreiche Jugend, die an zahlreichen weiterführenden Wettkämpfen bis hin zur Deutschen Meisterschaft teilnahm. Um sie weiter zu fördern, entschloss sich die Vorstandschaft, sich der technischen Entwicklung anzuschließen und die elektrischen Zugstände auf elektronische Stände umzurüsten. Dies wurde dann im Jahr 2018 mit Hilfe von Fördergeldern und der Arbeitskraft der Mitglieder umgesetzt und so ist die SG Ottersberg im sportlichen Bereich auf dem neuesten Stand.
Einen der größten Erfolge konnte die SG Ottersberg im letzten Jahr beim Sparkassenpokal verzeichnen. Die 1. Mannschaft, mit unserer Jugend besetzt, holte den ersten Platz unter 60 startenden Mannschaften und durfte damit Geldpreise im Gesamtwert von 1.400 Euro zzgl. einem Einkaufsgutschein in Höhe von 300 Euro in Empfang nehmen.
Aktuell schickt die SG Ottersberg 3 Gewehrmannschaften und 3 Pistolenmannschaften in die Rundenwettkämpfe. Jeweils 1 Mannschaft ist in jeder Disziplin ausschließlich mit unserer Schützenjugend besetzt. Die Gewehrmannschaft mit den Jungschützinnen hat es in diesem Jahr sogar bis in die Bezirksliga geschafft. Mit etwas Glück steigen sie in der nächsten Saison in die Bezirksoberliga auf. Ein historisches Ereignis für den Verein.
Wie viele aktive Mitglieder hat Ihr Verein und wie verteilen sich deren Aufgaben?
Wir haben aktuell rund 50 Mitglieder, die regelmäßig den Schießsport ausüben. Ein Großteil davon engagiert sich am Schießstand als Standaufsicht. Weitere Mitglieder engagieren sich aktiv im Gastrobereich. Generell legen unsere Mitglieder gerne Hand an, wenn Hilfe benötigt wird. Selbst Familienangehörige unserer Schützinnen und Schützen, die keine Mitglieder sind, bieten gerne ihre Hilfe an. Diesbezüglich ist unser Verein wirklich vorbildlich.
Die Vorstandschaft ist mit dem Schützenmeister, dem Kassier, der Schriftführerin sowie deren Stellvertretern, einer Sportleiterin und einem Jugendsportleiter besetzt. Unterstützt wird der Jugendsportleiter von zwei Jugendsprecherinnen.
Die Böllerabteilung wählt eine eigene Vorstandschaft.
Welche Pläne haben Sie für 2020? Und was wünschen Sie sich für Ihren Verein für 2020?
Nachdem die Jahre 2018/2019 mit dem Umbau der Schießstände viel Arbeit für die Mitglieder und auch eine große Veränderung mit sich gebracht haben, darf das Jahr 2020 sich etwas gemütlicher gestalten und sich die Neuerungen setzten. Unabhängig davon wünschen wir uns natürlich immer, dass wir weitere Neumitglieder begrüßen dürfen. Unseren aktiven Schützen wünschen wir auch in diesem Jahr wieder Gut Schuss und viel Erfolg bei den Wettkämpfen.
Auf welche Probleme und Herausforderungen treffen Sie während Ihrer Arbeit? Und wie lösen Sie diese?
Die größte Herausforderung unseres Vereins ist die Nachwuchsgewinnung. Ein Verein kann in der Zukunft nur bestehen, wenn er auch die Jugend dafür begeistern kann. Dies betrifft nicht nur unseren Verein, sondern die Schützenvereine im Allgemeinen. Im heutigen Zeitalter, in dem es regelmäßig Negativschlagzeilen und Diskussionen in der Öffentlichkeit um den Waffenbesitz gibt, wird auch der Schießsport argwöhnisch beäugt.
Bei uns im Verein üben wir den Schießsport ausschließlich mit Luftdruckwaffen bzw. Lichtwaffen für Kinder aus. Bei dieser Waffenart handelt es sich um sogenannte erlaubnisfreie Waffen, da von ihnen direkt keine Lebensgefahr ausgeht. Wir leisten viel Aufklärungsarbeit, was das sportliche Schießen angeht. Hier liegt unser Hauptaugenmerk auf dem sicheren und verantwortungsvollen Umgang mit Waffen, sowohl im Erwachsenenbereich als auch bei den Kindern. Dies ist der Grundstein der Arbeit im Schießsport.
Auch über die sozialen Medien versuchen wir die Menschen zu erreichen und unsere Arbeit darzustellen, um dadurch Interessierte zu motivieren, persönlichen Kontakt zu uns aufzunehmen.
Für wen ist das Schießen geeignet? Dürfen z.B. auch Kinder bei Ihnen im Verein schießen? Und auf was müssen Sie dort achten?
Das Schießen mit Luftgewehr und Luftpistole ist eine hochpräzise Sportart und für Kinder, Jugendliche, Männer und Frauen gleichermaßen geeignet. Sie erfordert Konzentration, Disziplin, Ruhe und Ausgeglichenheit. Dazu kommt ein erlernbares Maß an Technik, dass unter anderem Atmung, Abzugskontrolle und Körperkontrolle umfasst. Wir versuchen diese Eigenschaften im Training zu vermitteln und zu fördern um diese im Wettkampf erfolgreich umzusetzen zu können.
Insbesondere für Kinder ist der Schießsport eine Bereicherung in Ihrer Entwicklung. Das sportliche Schießen erfordert die bereits oben erwähnten Eigenschaften sowie mentale Stärke. Dies alles ist in der heutigen Zeit sowohl in der Schule als auch im späteren Berufsleben wichtig. Im Schützenverein wird nicht nur die Technik des sportlichen Schießens vermittelt, sondern eben auch im besonderen Maße hierauf Wert gelegt.
Für die Ausübung des Schießsports durch Kinder ist es aber auch wichtig, dass sich die Eltern mit dieser Thematik beschäftigen, sich davon überzeugen und ihre Kinder darin unterstützen. Deshalb sind Eltern immer eingeladen, zu den Trainingseinheiten vorbei zu kommen und selbst mal „Hand anzulegen“. Hierfür stehen unser Jugend- und Sportleiter sowie die Vereinsübungsleiter mit ihrem Wissen gerne zur Verfügung.
Eine Einschränkung gibt es allerdings für Kinder: Sie dürfen erst ab 12 Jahren mit Luftdruckwaffen schießen. Für die Jüngeren bieten wir die Möglichkeit, mit Lichtwaffen zu schießen. Hierfür gibt es keine Altersbeschränkung. Zeichnet sich hierbei ab, dass ein Kind außergewöhnliches Talent hat, besteht die Möglichkeit, eine Ausnahmegenehmigung ab 10 Jahren beim zuständigen Landratsamt zu beantragen.
Bei Ihnen ist auch die Tradition im Verein sehr wichtig. Wie und mit welchen Veranstaltungen pflegen Sie das Brauchtum?
Schützentraditionen, aber auch das bayerische Brauchtum werden gepflegt und erhalten. Wir beteiligen uns regelmäßig in Tracht und mit unserer Vereinsfahne an kirchlichen Feiertagen, Fahnenweihen, Gründungsfesten, sowie die Böller-Schützen an familiären Festen und persönlichen Jubiläen unserer Mitglieder. Der Höhepunkt des Schützenjahres ist das Königsschießen, bei dem wir unsere Schützen- und Jugendschützenkönige krönen. Zu familiären Ereignissen wie eine Hochzeit, die Geburt eines Kindes usw. werden Schützenscheiben gestiftet, die dann unter den Mitgliedern ausgeschossen werden.
Neben dem sportlichen Schießen finden auch gesellige Preisschießen wie z.B. Nuss-, Zimmerstutzen-, Pokal- und Blumenschießen, sowie ein Endschießen statt, bei denen Glück im Spiel ist und somit für Schützinnen und Schützen jeder Leistungsklasse die vorderen Platzierungen möglich sind. Das ZImmerstutzenschießen erinnert an die historischen Anfänge des Vereins und zeigt unserer Jugend, wie früher geschossen wurde.
Zudem kommen wir regelmäßig zu gemütlichen Vereinsabenden und Stammtischen zusammen. Bei Veranstaltungen wie Josefifeier, Weihnachtsfeier, sowie dem Highlight des Jahres, unserem Sommerfest mit Grillen kommt die Geselligkeit der Ottersberger Schützen deutlich zum Tragen.
Auch über das Vereinsleben hinaus bieten wir auch für Nichtmitglieder im Schützenheim regelmäßig ein Rentnerstammtisch statt, um das soziale Leben der Bürger zu bereichern.
Vielen Dank, Manfred Straßer. Wir von ExpertenTesten wünschen Ihnen und der Schützengesellschaft Ottersberg e.V. weiterhin viel Erfolg!
Über die Redakteurin
Laura Hoffmann
Laura Hoffmann arbeitet als freie Redakteurin seit 2016 für expertentesten.de. Ihr Kernbereich liegt dabei in der Recherche spannender Interviewpartner aus den Ressorts Kultur, Sport und Wirtschaft.