In den Gewässern rund um die Großen Seen entdecken Forscher immer wieder Einbäume, die von jahrtausendealter indigener Geschichte erzählen. Jüngste Funde in Wisconsin haben überraschende Einblicke in die Vergangenheit ermöglicht.
Ein unerwarteter Fund
Im Jahr 2021 entdeckte Tamara Thomsen während eines Tauchgangs im Lake Mendota, Wisconsin, ein außergewöhnliches Artefakt: das Ende eines Einbaums, das etwa 1.200 Jahre alt ist. Diese Entdeckung war der Startschuss für das „Wisconsin Dugout Canoe Survey Project“, in dem Forscher bislang 79 Einbäume dokumentiert haben – darunter einige, die auf ein Alter von bis zu 4.500 Jahren datiert wurden. Diese Funde gewähren Einblicke in die indigene Nutzung von Ressourcen und Handelswegen, die über Jahrtausende hinweg Bestand hatten. Einbäume, die einfach ausgehöhlte Baumstämme sind, waren essenziell für die indigene Lebensweise. Sie ermöglichten den Zugang zu fischreichen Gewässern, weitreichenden Handelsnetzwerken und entfernten Siedlungen. Ihre Herstellung war ein Gemeinschaftsprojekt, bei dem ganze Dörfer zusammenkamen, um die Boote aus Harthölzern wie Ulme oder Eiche zu fertigen.
Technologie und Tradition
Die Analyse der Funde kombiniert traditionelle und moderne Methoden. Forscher nutzen Kohlenstoffdatierungen, dendrochronologische Untersuchungen und strontiumisotopische Analysen, um die Herkunft und das Alter der Einbäume zu bestimmen. Bemerkenswert ist, dass viele dieser Boote aus Harthölzern bestehen – ein Beweis für die Anpassungsfähigkeit indigener Gemeinschaften an sich wandelnde Umweltbedingungen und Ressourcenknappheit. Ferner wurden einige Einbäume mit Werkzeugen wie Netzsenkern und Holzbearbeitungsgeräten gefunden. Solche Funde belegen die enge Verbindung zwischen Technik und Alltag der damaligen Gesellschaften und geben Aufschluss über deren kulturelle Innovationskraft.
Verlorene Uferlinien und neue Entdeckungen
Einer der spannendsten Aspekte des Projekts ist die Kartierung alter Uferlinien. Am Lake Mendota wurden entlang einer versunkenen Küstenlinie mindestens zehn Einbäume entdeckt – ein Hinweis darauf, wie indigene Gemeinschaften sich an veränderte Umweltbedingungen anpassten. Diese Funde erzählen von einer Zeit, in der die Region Dejope, heute Madison, ein Zentrum indigener Kultur und Gemeinschaft war. Indigene Gruppen wie die Ho-Chunk Nation nutzen die Aufmerksamkeit für diese Funde, um ihre Verbindung zur Vergangenheit zu stärken. 2024 schnitzten Mitglieder der Ho-Chunk einen neuen Einbaum aus Baumwollholz und fuhren damit den Mississippi hinab – ein Symbol für kulturelle Kontinuität.
Ein Fenster in die Vergangenheit
Einbäume bieten nicht nur Einblicke in die indigene Geschichte, sondern auch in den Umgang mit Umwelt und Technologie über Jahrtausende hinweg. Ihre schlichte, aber funktionale Bauweise zeigt, dass bewährte Techniken kaum Verbesserung benötigten. Die aktuelle Forschung inspiriert weitere Bundesstaaten wie Minnesota und Michigan, ihre eigenen Einbaumarchive zu erstellen und zu dokumentieren.
Die Entdeckung und Untersuchung uralter Einbäume bietet einen einzigartigen Einblick in die indigene Geschichte und zeigt, wie eng kulturelle Innovationen mit der Anpassung an die Umwelt verbunden waren. Diese Funde schaffen eine Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart und fördern das Verständnis für die tiefe kulturelle Bedeutung solcher Artefakte. Sie unterstreichen, wie wichtig es ist, historische Objekte zu bewahren und die Geschichten, die sie erzählen, lebendig zu halten.
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Basierend auf Inhalten von www.smithsonianmag.org und eigener Recherche.