Auf den ersten Blick wirken Marc Ibrahim und Joseph Hajjar wie zwei normale junge Männer, die in ihren Zwanzigern sind. Rein äußerlich könnte man sie, ohne zu zögern in die Studentenschublade stecken, eine Einordnung, die nur noch plausibler wirkt, wenn man erfährt, dass sie sehr viel Zeit mit dem Programmieren verbringen. Die beiden sind vor etwa 2 Jahren aus ihrem Heimatland, dem Libanon, ausgewandert, um sich ein Leben in Deutschland aufzubauen. Doch die beiden sind nicht nach Deutschland gekommen, um zu studieren, stattdessen möchten sie hier ein Unternehmen aufbauen. Aus diesen Bestrebungen ist die Vermittlungsplattform “Listando” entstanden.
Ibrahim und Hajjar haben sich mit einer Vision zusammengeschlossen: die Gründung einer Online-Plattform, die es Menschen einfacher machen soll, Dienstleister in ihrer Nähe zu finden und zu vergleichen, um sie dann direkt über die Plattform zu buchen. Dabei ist Listando relativ breit aufgestellt, von Handwerkern, Klempnern, Eventcatering, bis hin zu Nachhilfelehren und Fotografen, kann so gut wie jede erdenkliche Dienstleistung gefunden werden. Die beiden Jungunternehmer wirken enthusiastisch und sind nicht sparsam mit positiven Prognosen, wenn sie Fragen über Listando gestellt bekommen. Man könnte den Eindruck gewinnen, dass bis dato alles glatt lief, doch das wäre ein Irrtum, denn der Weg zur Gründung von Listando war alles andere als einfach.
Ein schwieriger Start im Libanon
Marc Ibrahim und sein Partner haben bereits vor der Gründung von Listando eine ähnliche Plattform im Libanon aufgebaut, nachdem sie ihr Studium an der amerikanischen Universität in Beirut (AUB), jeweils in den Studiengängen Computer- /Kommunikationstechnik und Informatik, abgeschlossen haben. Unter dem Namen “Ashghali” bauten sie eine Webseite auf, die auf den libanesischen Dienstleistungsmarkt spezialisiert war. Mit diesem Konzept gelang es den jungen Gründern von Ashghali einen Preis der “University of Beirut” (AUB) zu gewinnen, welcher mit 5.000 US-Dollar dotiert war. Trotz der anfänglich guten Omen destabilisierte sich die wirtschaftliche und politische Lage im Libanon immer mehr. Zu diesen Schwierigkeiten äußerte der Gründer Marc Ibrahim sich damals wie folgt:
“Angesichts der aktuellen Finanzkrise wird es immer schwieriger, Investoren zu finden, die bereit sind, in ein Start-up zu investieren, das im Libanon gegründet wurde. Die Investoren fliehen aus dem Land, und vermögende Privatpersonen ziehen es vor, hohe Zinsen auf ihre Einlagen zu erhalten, anstatt in Start-ups zu investieren. Inoffizielle Kapitalkontrollen für Einlagen beeinträchtigen ebenfalls unser Geschäft. Es gibt Beschränkungen für Barabhebungen und internationale Kartentransaktionen. Aufgrund dieser Beschränkungen gibt es keinen Investor, der Geld in den Libanon schicken möchte. ”
Doch anstatt sich von dieser Herausforderung entmutigen zu lassen, sahen die beiden darin eine Chance, ihre Vision in Deutschland umzusetzen. Sie wanderten nach Deutschland aus und gründeten Listando.
Ein Neuanfang in Deutschland
Marc Ibrahim erinnert sich noch sehr gut an die Anfangszeit in Deutschland:
“Als wir nach Deutschland gekommen sind und Listando gegründet haben, waren nur Joseph und ich am Aufbau der Plattform beteiligt”, so Ibrahim.
“Insbesondere die ersten paar Monate waren hart, es gab viele schlaflose Nächte, in denen wir Listando um neue Funktionen erweitert haben oder Fehler im Code beheben mussten. Zusätzlich war es uns sehr wichtig, die deutsche Sprache möglichst schnell zu lernen. Ich denke, dass es essenziell ist, mit Menschen in einem Land, in dem man wohnt, in ihrer Muttersprache reden zu können. Uns kam aber auch zugute, dass hier viele mindestens passabel Englisch sprechen, das hat vor allem am Anfang einiges leichter gemacht.”
Seitdem ist Listando um einiges gewachsen, mittlerweile hat das junge Start Up aus Düsseldorf 13 Mitarbeiter. Die Plattform hat sich seit ihrer Gründung stark weiterentwickelt und ist inzwischen in fast 100 Städten in ganz Deutschland verfügbar. Marc Ibrahim hat große Pläne für die Zukunft von Listando. Er möchte die Plattform in Zukunft für ganz Deutschland verfügbar machen und dadurch noch mehr Menschen dabei helfen, Dienstleister in ihrer Nähe zu finden und zu vergleichen:
“Die erste Stadt, in der wir Dienstleistungen vermittelt haben, war Dortmund. Wir haben uns vorerst auf eine Stadt fokussiert, um zu beweisen, dass das Konzept von Listando funktioniert. Die ersten Dienstleister von einer neuen Plattform zu überzeugen ist am schwierigsten, schließlich hat sie zu dieser Zeit noch keine Nutzer. Nachdem wir einige Dienstleister in so gut wie jeder Kategorie hatten, wurde der Traffic und die Anzahl neuer Registrierungen deutlich höher. Mittlerweile ist Listando in etwa 100 Städten verfügbar, und sehr bald dann deutschlandweit.”
Es bleibt abzuwarten, wie sich Listando in Zukunft weiterentwickeln wird, aber es ist sicher, dass die beiden Gründer alles dafür tun werden, ihre Vision von einer flächendeckenden Verfügbarkeit ihrer Plattform in Deutschland zu verwirklichen.
Die Strategie, um Listando bekannter zu machen
Ebenfalls interessant ist die Strategie der beiden jungen Unternehmer, um weiterhin die Bekanntheit ihrer Plattform zu steigern. Als Start Up mit einem Onlinefokus wird viel Wert auf SEO (Search Engine Optimization) gelegt, sodass relevante Suchergebnisse höher im Google Ranking angezeigt werden. Dies bezieht sich nicht nur auf lokale Suchanfragen für Dienstleistungen. Über den Listando Blog werden viele hilfreiche Artikel rund um Gesundheit, Haushalt oder auch Wohlbefinden bereitgestellt. Zudem stellt die Plattform einen umfangreichen Kosten-Guide bereit über den Kunden Kostenvoranschläge für Handwerker, Projekte u.v.m. einholen können. Seine Entscheidung, SEO zu priorisieren, begründet Marc Ibrahim wie folgt:
“Als Geschäftsführer von einem kleinen Start Up muss man genau darauf achten, welche Maßnahmen am kosteneffizientesten sind. Werbung in sozialen Netzwerken ist ein gutes Werkzeug, um mehr Reichweite zu erreichen, jedoch ist es auch mit hohen Kosten verbunden. Indem wir Listando für Suchmaschinen optimieren, können wir den Traffic nachhaltig erhöhen, ohne Unsummen für eine Werbekampagne auszugeben. Davon profitieren auch die Dienstleister auf Listando, da sie nun wahrscheinlicher von Leuten gesehen werden, die zu potenziellen Kunden werden könnten.”
Des Weiteren erläutert Ibrahim, dass Listando vorerst für alle, die ihre Dienstleistungen auf der Plattform bewerben möchten, kostenlos ist.
“Am wichtigsten ist es, dass Listando seinen Marktanteil ausbaut, daher haben wir uns dafür entschieden, vorerst kostenfrei für Dienstleister zu bleiben. Langfristig werden wir ein Bezahlmodell einführen, welches sehr fair ist. Bei konkurrierenden Vermittlungsplattformen herrscht große Unzufriedenheit, aufgrund zu hoher Preise für die Seitennutzung und einer Atmosphäre, die dafür sorgt, dass sich Dienstleister gegenseitig unterbieten müssen, um einen Auftrag zu bekommen. Wir stellen uns nicht zwischen Dienstleister und Kunde, sondern ermöglichen eine direkte Kontaktaufnahme.”
Ob Listando sich langfristig als Vermittlungsplattform in Deutschland etablieren kann, steht offen. Wahrscheinlich haben viele Gründer diese ernüchternde Statistik im Hinterkopf: Rund 80 Prozent der Start Ups scheitern innerhalb von den ersten drei Jahren, manche Statistiken setzen diese Zahl sogar noch höher an.
“Ja, diese Zahlen sind mir bekannt”, so Ibrahim. “Dennoch löst das keine Zweifel in mir aus, denn ich bin der Überzeugung, dass man viel Einfluss auf die Erfolgschancen eines Start Ups haben kann. Mir zeigen diese Zahlen, dass jeder aus unserem Team sein Maximum geben muss und ich eine Verantwortung meinen Leuten gegenüber habe, die richtigen Entscheidungen zu treffen.” In jedem Fall ist Listando ein Start Up, welches man im Auge behalten sollte.